Warum empfehlen Ärzte CBD nicht häufiger?

Wenn Sie sich online nach CBD umsehen, finden Sie Hunderte von Aussagen, die versprechen, es sei das Wundermittel gegen Schmerzen, Angst, Schlafstörungen und sogar Entzündungen. Doch wenn Sie Ihren Arzt danach fragen, bekommen Sie oft eine ausweichende Antwort: „Ich empfehle es nicht.“ Warum eigentlich nicht? Es ist nicht, weil CBD unwirksam wäre. Es liegt an einem komplexen Netz aus rechtlichen Unsicherheiten, fehlenden klinischen Leitlinien und einer medizinischen Ausbildung, die CBD kaum berücksichtigt.

Keine offiziellen Leitlinien, keine klare Empfehlung

Ärzte in Deutschland und vielen anderen Ländern orientieren sich an Leitlinien - standardisierte Empfehlungen, die auf wissenschaftlichen Studien basieren. Diese Leitlinien werden von medizinischen Fachgesellschaften und staatlichen Gesundheitsbehörden herausgegeben. Für CBD gibt es bis heute keine solchen Leitlinien für die meisten Anwendungen. Selbst bei Epilepsie, wo CBD mit Epidiolex eine zugelassene Arznei ist, wird es nur in speziellen Fällen verschrieben - und nur mit strenger Überwachung.

Was passiert, wenn ein Patient mit chronischen Rückenschmerzen fragt: „Könnte CBD helfen?“ Der Arzt weiß: Es gibt einige Studien, die auf eine lindernde Wirkung hindeuten. Aber keine Studie ist groß genug, lang genug oder methodisch streng genug, um sie in eine offizielle Empfehlung zu verwandeln. Also bleibt der Arzt bei dem, was er sicher weiß: Paracetamol, Physiotherapie, Bewegung. CBD? Zu unsicher.

Die Zulassungslücke: CBD ist kein Medikament - meistens

In Deutschland ist CBD nur dann ein zugelassenes Medikament, wenn es als Epidiolex verschrieben wird - und nur für zwei seltene Formen von Epilepsie bei Kindern. Alles andere, was als CBD-Öl, -Tropfen oder -Kapseln verkauft wird, gilt als Lebensmittelergänzung oder Kosmetik. Das bedeutet: Es wurde nicht auf Wirksamkeit, Reinheit oder Dosierung geprüft, wie es ein Medikament müsste.

Ein Arzt darf kein Produkt empfehlen, das nicht als Arzneimittel zugelassen ist - aus Haftungsgründen. Stellen Sie sich vor: Ein Patient nimmt ein CBD-Öl, das mehr THC enthält als angegeben, und fährt dann Auto - und hat einen Unfall. Wer trägt die Verantwortung? Der Hersteller? Der Apotheker? Der Arzt, der es „empfohlen“ hat? Die Antwort ist klar: Der Arzt will das Risiko nicht eingehen.

Keine Ausbildung, kein Wissen

Medizinstudenten lernen in ihren sechs Jahren Ausbildung viel über Pharmakologie - aber kaum etwas über Cannabinoide. In den meisten Lehrplänen wird CBD nicht erwähnt. Weder in der Pharmakologie noch in der Schmerztherapie oder Psychiatrie. Ein Arzt, der 2010 sein Studium abgeschlossen hat, hat in seiner Ausbildung vielleicht ein einziges Mal von THC gehört - und das als Suchtstoff, nicht als mögliche Therapie.

Heute wissen viele Ärzte einfach nicht, wie CBD wirkt, welche Dosis sinnvoll ist oder wie es mit anderen Medikamenten interagiert. Sie wissen: „Es gibt da was mit Cannabis.“ Aber das reicht nicht, um eine Empfehlung abzugeben. Und wenn sie es nicht wissen, sagen sie lieber nichts - statt etwas Falsches zu raten.

Waage mit CBD-Öl auf einer Seite und medizinischen Leitlinien auf der anderen, symbolisch dargestellt.

Die Qualitätsproblematik: Was ist eigentlich in der Flasche?

Ein Test der Verbraucherzentrale aus dem Jahr 2023 hat gezeigt: Von 40 CBD-Ölen in Deutschland enthielten 17 weniger CBD als angegeben. Drei enthielten sogar mehr THC als erlaubt - und damit legal nicht mehr als Lebensmittel. Ein anderes Produkt war mit Schwermetallen belastet, ein anderes mit Pestiziden.

Stellen Sie sich vor, Ihr Arzt würde Ihnen ein Antibiotikum verschreiben, das er nicht kennt, dessen Inhaltsstoffe nicht kontrolliert sind und das in einer Fabrik hergestellt wurde, die keine Zertifizierung hat. Würden Sie das nehmen? Genau das ist die Situation mit CBD-Produkten. Ärzte können nicht empfehlen, was sie nicht vertrauen können.

Die Versicherungsfrage: Wer zahlt das?

Wenn ein Arzt etwas empfiehlt, will er oft wissen: Wer zahlt das? Bei verschreibungspflichtigen Medikamenten übernimmt die Krankenkasse die Kosten - wenn es zugelassen ist. Bei CBD ist das nicht der Fall. Keine gesetzliche Krankenkasse erstattet CBD-Öl für Schmerzen, Angst oder Schlafstörungen. Es ist eine Selbstzahlerleistung - und oft teuer.

Ein Patient, der 50 Euro pro Monat für CBD ausgibt, hat das Recht, danach zu fragen. Aber der Arzt kann nicht sagen: „Probieren Sie das, es hilft.“, wenn er weiß, dass es nicht bezahlt wird, nicht geprüft ist und keine wissenschaftliche Grundlage hat. Stattdessen empfiehlt er Dinge, die versichert sind - und die er kontrollieren kann.

Warum Ärzte trotzdem manchmal „Ja“ sagen

Nicht alle Ärzte sagen Nein. In den letzten Jahren haben sich immer mehr Fachärzte - besonders in der Schmerztherapie, Neurologie und Psychiatrie - für CBD geöffnet. Sie sehen die Erfahrungen ihrer Patienten. Sie lesen die Studien, auch wenn sie nicht perfekt sind. Sie wissen: Manchmal ist CBD die letzte Option, wenn alles andere versagt.

Ein Patient mit multipler Sklerose, der nach Jahren mit starken Muskelkrämpfen keine Besserung mehr hatte, berichtet: „Nach drei Wochen CBD-Öl konnte ich wieder ohne Schmerzen ins Bett gehen.“ Der Arzt hat das nicht als offizielle Empfehlung dokumentiert - aber er hat es notiert. Und wenn der Patient wieder kommt, sagt er: „Wenn Sie es ausprobieren wollen, achten Sie auf die Qualität. Und melden Sie mir, wie es läuft.“

Diese Ärzte arbeiten anders. Sie sagen nicht: „CBD ist gut.“ Sie sagen: „Ich kann es nicht empfehlen - aber wenn Sie es versuchen wollen, hier sind die Kriterien.“

Drei CBD-Flaschen mit unterschiedlichen Etiketten und Laborbericht, vergrößert mit Lupe.

Was Sie tun können - wenn Sie CBD ausprobieren wollen

Sie müssen nicht auf eine Empfehlung warten, um CBD auszuprobieren. Aber Sie sollten es mit Augenmaß tun:

  1. Suchen Sie nach Produkten mit Zertifizierung. Prüfen Sie, ob der Hersteller einen unabhängigen Laborbericht bereitstellt - mit Angaben zu CBD-Gehalt, THC-Gehalt und Schadstoffen.
  2. Beginnen Sie mit niedrigen Dosen. 10-20 mg CBD pro Tag sind ein guter Start. Steigern Sie langsam, wenn nötig.
  3. Beobachten Sie Ihre Symptome. Notieren Sie, wie Sie sich fühlen - Schlaf, Schmerz, Stimmung - in einem Tagebuch.
  4. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber. Nicht um eine Empfehlung zu bitten, sondern um eine Einschätzung: „Ich nehme CBD, weil ich hoffe, dass es mir hilft. Können Sie mir sagen, ob es mit meinen Medikamenten interagieren könnte?“
  5. Vermeiden Sie Produkte mit „Full Spectrum“, wenn Sie nicht sicher sind. Sie enthalten THC - und das kann bei manchen Menschen Angst oder Schwindel auslösen.

Was sich in Zukunft ändern könnte

Die Forschung zu CBD wächst. In den USA haben mehrere Studien gezeigt, dass CBD bei generalisierter Angststörung und posttraumatischer Belastungsstörung wirksam sein kann. In Deutschland laufen klinische Studien zur Wirksamkeit bei chronischen Schmerzen und Fibromyalgie. Wenn diese Studien positive Ergebnisse liefern - und wenn sie groß genug sind - könnte CBD bald als zugelassenes Medikament für weitere Anwendungen anerkannt werden.

Das würde alles ändern. Dann würden Ärzte nicht mehr sagen: „Ich empfehle es nicht.“ Sondern: „Hier ist die Dosierung. Hier ist das zugelassene Produkt. Hier ist, was Sie beachten müssen.“

Es ist kein Geheimnis, dass CBD für viele Menschen hilft. Aber Medizin ist kein Markt für Hoffnung. Medizin ist eine Wissenschaft, die auf Beweisen beruht - und auf Verantwortung. Solange diese Beweise fehlen, bleibt die Empfehlung aus. Nicht aus Ignoranz. Nicht aus Angst. Sondern aus Pflicht.

Was Sie jetzt wissen sollten

Ärzte empfehlen CBD nicht, weil sie es für unwirksam halten - sondern weil sie es nicht sicher genug kennen. Die Produkte sind unreguliert, die Studien unvollständig, die Ausbildung lückenhaft. Das ändert sich - aber langsam.

Wenn Sie CBD ausprobieren, tun Sie es bewusst. Nicht als Ersatz für Medizin, sondern als Ergänzung - mit klaren Erwartungen, mit Qualität und mit Offenheit gegenüber Ihrem Arzt. Denn am Ende geht es nicht darum, ob Ärzte CBD empfehlen. Sondern darum, dass Sie gesund bleiben - mit oder ohne ihre Empfehlung.

Warum sagt mein Arzt, CBD sei kein Medikament?

Weil in Deutschland nur ein einziger CBD-Wirkstoff - Epidiolex - als Medikament zugelassen ist, und zwar nur für zwei seltene Epilepsieformen. Alle anderen CBD-Produkte werden als Lebensmittel oder Kosmetika verkauft. Das bedeutet: Sie wurden nicht auf Wirksamkeit, Reinheit oder Dosierung geprüft wie echte Medikamente. Deshalb kann Ihr Arzt sie nicht als Therapie empfehlen - aus rechtlichen und medizinischen Gründen.

Ist CBD überhaupt legal in Deutschland?

Ja, CBD ist legal - aber nur, wenn es aus Hanf mit weniger als 0,2 % THC hergestellt wird und nicht als Arzneimittel vermarktet wird. Produkte mit mehr THC gelten als Betäubungsmittel und sind verboten. Auch wenn Sie CBD-Öl kaufen, darf es nicht beworben werden als „heilt Schmerzen“ oder „lindert Angst“. Das wäre eine medizinische Aussage - und damit illegal.

Kann CBD mit meinen Medikamenten interagieren?

Ja, das kann es. CBD hemmt bestimmte Leberenzyme (CYP3A4, CYP2C19), die viele Medikamente abbauen - wie Blutverdünner, Antiepileptika, Antidepressiva oder Cholesterinsenker. Das kann dazu führen, dass diese Medikamente stärker oder länger im Körper wirken. Wenn Sie regelmäßig Medikamente einnehmen, sollten Sie CBD nur unter ärztlicher Aufsicht verwenden.

Wie finde ich ein sicheres CBD-Produkt?

Suchen Sie nach Produkten mit einem unabhängigen Laborbericht (Certificate of Analysis), der den CBD-Gehalt, den THC-Gehalt und mögliche Schadstoffe wie Schwermetalle oder Pestizide aufführt. Vertrauen Sie nur Anbietern, die diese Berichte öffentlich zugänglich machen. Achten Sie auch auf Bio-Zertifizierung und deutsche oder europäische Herkunft - dort gelten strengere Kontrollen.

Warum hilft CBD manchen Menschen, aber nicht anderen?

Der menschliche Endocannabinoid-System ist individuell - wie ein Fingerabdruck. Manche Menschen haben mehr Rezeptoren, andere weniger. Die Dosis, die bei einem wirkt, kann bei einem anderen völlig wirkungslos sein. Auch die Art der Beschwerde spielt eine Rolle: CBD scheint bei Entzündungen und Angst besser zu wirken als bei starken, akuten Schmerzen. Es ist kein Wundermittel - sondern ein unterstützendes Mittel mit variabler Wirkung.